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Do., 9. Januar 3000

in Enki Bilal's Comic-Trilogie _Alexander Nikopol_ ist der Entwurf
einer Zukunft, ein Blickerfahrbares Modell (Utopie, Distopie). Bilal entwirft
die mögliche Reflektion eines absurden Szenarios _in_ der Zukunft
(_Die Geschäfte der Unsterblichen_) und _aus_ der Zukunft (_Die Frau
in der Zukunft_) in einem fiktiven Raum, der diese Fiktion wiederum
kommentiert, zusammengesetzt aus Versatzstücken der europäischen
SF- und Film-Kultur der 80er und 90er Jahre des 20. Jahrhunderts.

Dieses Szenario "Zukunft" wird abgeleitet von Zukunfts-Szenarien, die
in ihrer "Vision" einer Gesellschaft mit Anti-Helden, Opfern, Macht
und Parawissenschaften, etc. bestückt wird, die eine De-Mythologisierung
zuläßt. Das Zeitmodell Zukunft ist nicht etwas Kommendes, gedacht
als Evangelion, es wird durch die morbide Darstellung Bilals zu einem
Zeitbereich, der bereits Vergangenes Zukünftiges fantasiert,
Vision also genau nicht als Blueprint oder Masterplan begreift.

Technologische Power unterwirft sich in Bilals TextBildergeschichten
eher dem Tenor 'Gesellschaftlicher Machtkampf', der soll entlarvt
werden, Apparate- und Bio-Technik ist Nutzen, Wunder und Hilf- und
Heilmittel. Die Protagonisten verhalten sich zur Technik anstatt sie
zu steuern - sie verhalten sich in einer Zeit nach dem technisch-
wissenschaftlichen Fortschritt, nach dem Atomkrieg (vgl. "Terminator 1
und 2), nach Detroit (die Auto-Stadt ging nach der Öl-Krise #19--#
in einen Zustand über, der technik-induzierte
Musik-/Jugenkulturphänomene wie Techno erst möglich machte). Die
Dialektik des Fortschritts, die aus dem Bacon'schen Programm der
technifizierten, technizistischen Gesellschaft, oder umgekehrt, der
vergesellschafteten Technik hervorging, kommt zu einer Klimax, die
sich an der obsoleten Beherrschung von Natur und Beherrschung von
Technik messen ließe.* Die Skepsis und Vermutung Bilals ist, daß
Technik in Gestalt nicht nur Fetisch, religiöses Instrument und
Projektionsfläche ist, sondern andersherum, der Mensch zum Objekt
der Technik und all ihrer Charakter wurde.


in _Chirality_ von Satoshi Urushihara dringen Bio-Mechanische Parasiten
in die Körper der Menschen ein und höhlen sie, ähnlich wie in den
_Alien_-Filmen von Innen aus. Die nahende Katastrophe ist die
schreckliche Übernahme der Macht durch Maschinen, wie sie von #Minsky#
propagiert wird (#wo?#), nur der Kampf geführt, mit guter weil ethisch
programmierter maschineller Kraft, kann den kosmisch aus dem
Gleichgewicht geratenen Planeten (die Erdachse wurde durch eine Art
Crash im plantaren Computersystem, das die Erde gleichsam steuert,
verschoben) wieder ins Gleichgewicht bringen. In diesem Kampf wird die
Vorherrschaft der Menschen über die Maschinen wieder hergestellt. ---


Digimons sind digitale Monster, die von Trainern nach Tamagotchi-
Prinzip gezüchtet werden und mit denen die Trainer (Kinder, die Spielen
im Kampf gegen andere Monsterattacken zu Gewinnern werden.
Computerspiel, Literatur und Realitaetsbezug bilden ein Dreieck
Die Metaphorik lehnt sich an die vulgärform digitaler Ästhetik an: die
Rede ist von Nullen und Einsen (die symbolischen Platzhalter im
Binärcode für Strom fließt/Strom fließt nicht), die Comicbücher werden
als "Dics" bezeichnet, die Episoden spielen auf dem Kontinent "Folder"
(für engl. Datei-Ordner).

-> Alice im Wunderland

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*Gernot Böhme. "Am Ende des Baconschen Zeitalters". Frankfurter
Rundschau, Sa. 10. August 1991.


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Last modified: So., 22.06.2003 10:25