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WARdriving: Wireless Access Revolution – warum der Begriff passt, Teil 1 Geschrieben am Sonntag, 15.Dezember. @ 18:57:46 CET von admin |
Geschrieben von Rainer_Meyer
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Auf den ersten Blick ist WLan
denkbar unspektakulär: Ein dunkler Kasten mit Stummelantenne und
meistens auch noch ein Kabel zum Internet. Beim Empfänger ist eine
WLan-Karte, meistens in einem Laptop. Im Büro ist das nur der Ersatz
für herkömmliche LAN-Kabel. Aber sobald jemand die Basisstation ans
offene Fenster stellt, endet die Bürokommunikation, und die Revolution
beginnt. Dann strahlt das Ding aus der Privat- oder Wirtschaftsphäre in den öffentlichen Raum.
Das
ist unerhört, denn durch die gesamte westliche Zivilisation hindurch
sind diese Bereiche so weit wie möglich getrennt worden. Soweit
bekannt, dreht sich die Verwaltung von Kommunen immer auch um die
Trennung der "res privata" und "res economica" von der "res publica".
Es gab und gibt immer das Bestreben privater, partikularer Sphären, den
öffentlichen Raum für sich einzunehmen, was von der Gemeinschaft
meistens energisch zurückgewiesen wird.
Grenzen des Privaten
Schon ein europäischer Gründungsmythos verweist auf diesen
Konflikt: Als Remus bei der Gründung von Rom provozierend in den
öffentlichen Raum eindringt, wird er von Romulus erschlagen. Ganz
gleich, ob im Athen der Tyrannis, dem Florenz während des Aufstands der
Ciompi, im Verona während der Adelskriege oder im Erfurt des 15.
Jahrhunderts, als die Stadt die Herrschaft des Mainzer Bischofs
abschüttelte: Bei Volksaufständen richtet sich der Zorn immer zuerst
gegen die Zeichen und Symbole, mit denen die feindlichen Teile der
Gesellschaft versuchten, den öffentlichen Raum einzunehmen.
In der Antike und im Mittelalter wachten Beamte darüber, dass
niemand in der Stadt öffentliche Räume bebaute. Überragte ein
aufgestocktes Haus die Strasse, musste es wieder abgerissen werden. Wer
sich im öffentlichen Raum verwirklichen wollte, konnte das nur im
gesellschaftlichen Konsens, etwa in gestifteten Kirchenfenstern tun.
Die Kämpfe um die Vorherrschaft in Kommunen waren immer zuerst Kämpfe
um den öffentlichen Raum. Begehrlichkeiten weckten dabei weniger Wege
und Strassen, sondern vor allem Plätze, wo sich Menschen dauerhaft
aufhielten.
Grenzen des Öffentlichen
Kein Wunder also, dass in den Allegoriemalereien der Renaissance beim guten Regiment die öffentlichen Räume respektiert
werden. Händler bleiben in den anschliessenden Häusern; auf dem Platz
wird gesprochen, musiziert und getanzt. Auch heute noch geht das
Interesse der res publica an ihren öffentlichen Räumen so weit, dass
ganz selbstverständlich Gestaltungsforschriften für Fassaden erlassen
werden. Im öffentlichen Raum müssen private Interessen zurückstehen.
In diese, im Konsens befriedete Sphäre dringen WLan Hotspots mit ihrem Empfangsbereich ein.
Um sie herum entsteht ein virtueller Raum mit 100 Meter Radius, in dem
der Hotspot seine Informationen verbreitet. Dabei spielt es keine
Rolle, ob es geschlossene Netzwerke von Firmen oder Public Access
Points für das Internet sind. Das ist eine Revolution – man stelle sich
nur den Auflauf vor, wenn jemand seine privaten Informationen mit
Megaphon oder bemalten Bettlaken aus dem Fenster verbreiten würde.
Virtuell ohne Grenzen
Dass es überhaupt möglich ist, so den öffentlichen Raum zu
penetrieren, ist zum einem der "Zweckentfremdung" von Bürokommunikation
und zum anderen der Ahnungslosigkeit der Regulierungsbehörde für Post
und Telekommunikation zu verdanken. Dort würde man jeden sofort
rausschmeissen, der mal eben den Marienplatz in München, den Campo in
Siena oder den Alex in Berlin vollsenden wollte, und jeder mit einem
Laptop könnte die Informationen empfangen. Über das Potential, das in
diesem Kasten steckt, hat man sich wohl ebenso wenig Gedanken gemacht
wie über seine kulturelle Bedeutung im öffentlichen Raum. Jetzt dürfte
es zu spät sein – WLan ist ein de-facto-Standard.
Dass man WLan aus Sicht der trotz des Eingriffs in den öffentlichen
Raum begrüssen kann, liegt am virtuellen öffentlichen Raum, der sich
mit dem Internet hinter dem Hotspot erstrecken kann. Durch den freien
Zugang zum Internet verwandelt sich der okkupierte öffentliche Raum zum
privat bereitgestellten, öffentlich nutzbaren Portal. In dieser Form
ist der Hotspot ein privater Eingriff in den öffentlichen Raum, der
sich am besten mit gestifteten Trinkwasserbrunnen, Parkbänken oder
Kunstwerken vergleichen lässt. Auf solche Infrastrukturmassnahmen
reagiert die res publica durch alle Zeiten hindurch in der Regel
positiv, weil sie es als privaten Beitrag zum Wohl der Gesellschaft
auffasst.
Begrenzung des Virtuellen
Keine Revolution ohne Opfer: In den Kästen steckt auch genügend
Potential zum Missbrauch. Mit einem derartigen Kasten können
Falschinformationen verbreitet werden, die bei jedem Stand in der
Fussgängerzone die Polizei anrücken lassen würden. Den nötigen Willen
vorrausgesetzt, könnten Interessensgruppen mit einer Vielzahl von
Access Points die "Lufthoheit" über dem öffentlichen Raum erreichen.
Und dann ist da noch das Problem, dass in den Access Points Firewalls
und Blocker integriert sind. Wer im öffentlichen Raum über einen
derartigen Access Point in den öffentlich-virtuellen Raum Internet
geht, muss damit rechnen, dass er nur das zu sehen bekommt, was der
Betreiber erlaubt.
WLan sieht, hört, fühlt und riecht man nicht. Und es gibt – noch –
wenige Nutzer. Aber die Revolution imn öffentlichen Raum ist da. Die
alte Trennung zwischen res publica und res privata/economica ist mit
den abertausenden Hotspots im Himmel über unseren Städten bereits heute
zerstört. Mit jeder neuen PCMCIA-Karte und Hotspot wird dieses
Verhältnis neu definiert. Und die Aufteilung der Claims läuft auf
vollen Touren.
Um so wichtiger ist es, diesen Prozess sichtbar und verstehbar zu
machen. Wer diesen Prozess erkennen will, muss WARdriven. Wer freie
Information will, sollte sich mit den WARchalking-Codes vertraut machen
– und mit seinem eigenen freien Hotspot dagegen halten.
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